Feuerwehrjubiläen

Die Freiwillige Feuerwehr Bad Brückenau begeht 2017 ihr 150jähriges Jubiläum. Die Ortswehr Römershag besteht seit 129 Jahren. Sie wurde zwei Jahre nach dem großen Brückenauer Brand gegründet. Die Schneidmüller aus Römershag reihten sich aus gutem Grund in die Freiwillige Feuerwehr ein. Wussten sie doch aus eigener Erfahrung um brandgefährliche Feuer,  und um die Kraft des Wassers, mit dem sie an der Sinn aufgewachsen waren.

Luitpold Dunkel trat mit 25 Jahren 1889 in die Feuerwehr ein. Das Bayerische Innenministerium ehrte ihn mit der Urkunde vom 4. April 1914 für besondere Leistungen und verlieh ihm für 25-jährigen treuen und fleißigen Dienst die damals höchste Auszeichnung für Feuerwehrleute, das am 24.6.1884 gestiftete „Ehrenzeichen für Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren“.

Quellfassung Wasserleitung 1905
Quellfassung Wasserleitung 1905

Bald hatte er erkannt, dass die geographische Lage der Ortschaft für eine Brandbekämpfung äußerst ungünstig und die wenigen Dorfbrunnen im Ernstfall unzureichend waren. Eine Wasserleitung konnte neben anderen Vorteilen die erforderlichen Hydrantenanschlüsse bringen. Gegen harten Widerstand im Gemeinderat setzte er unter persönlichem finanziellem Risiko 1905 den Bau der Wasserleitung für Römershag durch. Er ließ sich dabei die Regieführung bei der Quellfassung und bei der Verlegung der erforderlichen Leitungen nicht nehmen. Zur Aufbringung des nötigen Grundkapitals besorgte er selbst und unter seinen Namen bei der Bayerischen Boden-Creditbank den Betrag von 3500,- Reichsmark. Über zwei Weltkriege und über zwei Inflationen hinweg zahlte die Schneidmühle hierfür Annuitätsbeiträge. Bekam Luitpold Dunkel auch im Laufe der Jahre den Darlehensbetrag von der Gemeinde wieder zurück, hatte die Schneidmühle insgesamt einen Wertverlust zu beklagen. Die Bevölkerung von Römershag war ihm dankbar, doch vergaß man allzu schnell den nunmehr überflüssigen Gang zu einem der drei Dorfbrunnen.

Einweihung Wasserleitung Römershag 1905
Einweihung Wasserleitung Römershag 1905

Am 11.01.1935 wurde der drei Tage zuvor verstorbene Luitpold Dunkel von seinen Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr zu Grabe getragen, flankiert von Wehrmännern mit brennenden Fackeln. Worte des Gedenkens und Dankes sprach bei der Kranzniederlegung für die Freiwillige Feuerwehr Römershag Herr Schmäling,

Auch der letzte Schneidmüller, Erwin Dunkel, tat seinen Dienst in der Freiwilligen Feuerwehr. Mit 23 Jahren trat er 1927 bei und wurde 1940 vom Bürgermeister der Stadt Brückenau, dessen Ortsteil Römershag seit einem Jahr war, zum Haupttruppmann ernannt. Damit verbunden war die Bestellung zum Hilfspolizisten auf Widerruf für die sich aus dem Feuerwehrdienst ergebenden Tätigkeiten. Am 1. Oktober 1952 erhielt Erwin Dunkel die Ehrenurkunde an Anerkennung seiner 25-jährigen Dienstzeit durch das Bayerische Staatsministerium des Innern.

Negative gefunden

Beim Sichten der Dokumente fiel mir zufällig ein Film in die Hand. Es waren die Negative von Bildern der Schneidmühle, die ich bisher nur in kleinen Abzügen vorgefunden hatte. Was ein Glück –  die letzten Aufnahmen meines Vaters aus dem Jahr 1974! Das Fotostudio bekam den Auftrag und ich hatte ein paar Tage später die digitalisierten Bilder.

 

Verschwundene Geschichte der Schneidmühle sichtbar machen

Leserbeitrag auf www.infranken.de am 1. Juni 2017 anlässlich des Deutschen Mühlentags am Pfingstmontag, 5. Juni 2017.  – Vor vierzig Jahren verschwand in Römershag, das früher bis zu fünf Mühlen kannte, eine der letzten Mühlen. Die „Schneidmühle“ wurde im Juli 1977 von der Stadt Bad Brückenau abgerissen, um die Zufahrt zum geplanten Sport- und Schulzentrum im Rahmen der Hochwasserregulierung der Sinn anzulegen…

Blick vom noch erhaltenen Steg über die Sinn auf die Mühle

Vor vierzig Jahren verschwand in Römershag, das früher bis zu fünf Mühlen kannte, eine der letzten Mühlen. Die „Schneidmühle“ wurde im Juli 1977 von der Stadt Bad Brückenau abgerissen, um die Zufahrt zum geplanten Sport- und Schulzentrum im Rahmen der Hochwasserregulierung der Sinn anzulegen. Auf der Grundlage der Niederschriften seines Vaters versucht Ulrich Kuther, Enkel der aus der Schneidmühle stammenden Carola Kuther, geb. Dunkel (1899-1990) die Mühle im Internet wieder sichtbar zu machen. Dazu sichtet er vorhandene Bilder und legt schrittweise die Daten der Mühlengeschichte nach den vorhandenen Dokumenten vor.

Gutshof der Talburg
Die Schneidmühle muss im 16. Jahrhundert als Zehntscheune des zur damaligen Talburg gehörenden Gutshofes auf der rechten Sinnseite entstanden sein. Damit zählte sie zum ältesten Bestand des alten Ortskerns. Das Hauptgebäude der Schneidmühle war bei der Errichtung ausschließlich als Zehntscheune des Gutshofes konzipiert. Mit 35 Meter Länge, 11,5 Meter Breite und fast 11 Meter Firsthöhe entsprach diese der fränkischen Bauart mit breit ausladendem Satteldach. Nur die in südlicher Gegend anzutreffenden Dachgauben fehlten; sicherlich wegen der durch die rauen Witterungsverhältnisse bedingten Reparaturanfälligkeit.

Von der Ölmühle zur Poch- und Papiermühle
Zur Mühle wurde das Gebäude um 1650 während des Baus des neuen barocken Schlosses auf dem linken Sinnufer. Der Einbau eines Triebwerkes unter und innerhalb der der Sinn zugekehrten Gebäudestirnseite bot sich im Zusammenhang der Sinnregulierung im Bereich der Zufahrt zum neuen Schloss an. Die Gewölbe und die Fundamentmauern in der Wasserradkammer wurden wohl mit den Sandsteinblöcken der Wehranlage, die waffentechnisch bedeutungslos geworden war, erstellt. Gleiches gilt für die Uferbewehrung am Sinnübergang und die Einfassung des neugeschaffenen Mühlgrabens zur Zehntscheune. So lassen auch die Steine mit Schießscharten, die in der Friedhofsmauer eingelassen sind, den Schluss zu, dass die Wehranlage selbst und Teile der alten Talburg als Baumaterial verwendet wurden. Mit der Ingangsetzung des Triebwerkes tritt die ehemalige Zehntscheune für einige Jahrzehnte als Ölmühle in Erscheinung. Nach der Übernahme der direkten Verwaltung des Gutshofes durch die Abtei Fulda im Jahre 1692 wurden die Krugbäcker am Ort angesiedelt. Die Ölmühle wandelte sich dabei zu einem Pochwerk für Tonerde. Diese Ausrüstung erlaubte schließlich auch die gleichzeitige Benutzung für die Papiererzeugung damaliger Fertigung.

Der Name der Schneidmühle
Die Schneidmühle hat ihren Namen nach ihrem langjährigen Hauptzweck als wassergetriebenes Sägewerk. Die Mühle erhielt 1760 die Ausrüstung einer mechanischen Säge, ein Einfachgatter. Diese Nutzung führte zu ihrer Namensgebung. Ungefähr seit dem Jahr 1800, als Hausnummern auch in kleineren Ortschaften eingeführt wurden, führte die Schneidmühle die Nr. 10. Im Besitz der Familie Dunkel, die ursprünglich aus der oberen Mühle, einer Papiermühle stammten, war die Schneidmühle von 1847 bis 1974. Als Schneidmühle – seit etwa 1890 mit hölzernem Vollgatter, seit etwa 1930 mit erweitertem Sägewerk – arbeitete die Mühle bis etwa 1960, als der letzte Schneidmüller, Erwin Dunkel (1904 – 1972) zur Existenzsicherung ein Arbeitsverhältnis in der nahen Metallfabrik übernahm.

Das Elektrizitätswerk
Ihre wirtschaftliche Blütezeit hatte die Schneidmühle mit verschiedenen Gewerken in der Zeit von Luitpold Dunkel (1864 – 1935). Er verstand es, die vorhandene Mühlentechnik mit technischen Neuerungen seiner Zeit geschickt zu verbinden. Ältere Römershager können sich an die Stromversorgung durch die Schneidmühle erinnern. Das „Elektrizitätswerk Schneidmühle Römershag“ lieferte Strom mit 110 Volt-Spannung von 1912 bis 1942. Wenn der Rechen im Mühlgraben verstopft war, begannen die Lampen zu flackern. Luitpold Dunkel versorgte die Römershager nicht nur mit Strom und Wasser, wozu er 1905 die Wasserleitung bauen ließ. Er versorgte den Chor des Turnvereins auch mit Heimatgedichten, die nach Vertonung durch L. Bott gesungen wurden. Die Begabung zum „Dichtermüller“ hatte er von seinem Vater Joseph Dunkel (1824 – 1902) geerbt, der der „Alte vom Berg“ genannt wurde wegen seiner täglichen Gänge zur Mettermich.

Ein Logo für die Schneidmühle

Wappen Schneidmühle 1853
Wappen Schneidmühle 1853

Joseph Johann Dunkel (9.4.1824 – 1.5.1902) hatte mit der Schneidmühle einen neuen Stammsitz gegründet. Das wusste er schon bald nach deren Übernahme 1847. Als Briefsiegel benutzte er die von ihm entworfenen, stilisierten Anfangsbuchstaben seines Namens, eingefügt in eine ovale Siegelplatte.

Im Laufe der Jahre gab er der Schneidmühle ein Zeichensymbol. Das „D“ benutzte er gleich einem Wappenschild und setzte anstelle der sonst allgemein üblichen Königskrone, Sägezähne als Kopfteil ein. Bei der Betrachtung wird man aber unwillkürlich auch an den „fränkischen Rechen“ erinnert. Im umschlossenen „D“ ist ein Kammrad, ein unentbehrliches Teil des Triebwerkes einer Mühle, angeordnet. Dieses Schneidmühlkennzeichen ist auch in einem Prägehammer (Waldhammer) zu finden. Diesen Waldhammer benötigte Josef Dunkel für den ersten Holzschlag auf der Mettermich.

Das Wappen von 1853 nutze ich für diese Website als Logo auf der Startseite. Gezeichnet hat es mein Vater Edgar G. Kuther nach alten Vorlagen.

Reklame 1911

Briefkopf mit Telefonnummer

Der Aufruf zu unterstützenden Hinweisen zur Geschichte der Schneidmühle (Haus Nr. 10) zeigt Früchte. Ralf Heil hat mir  freundlicherweise einige Unterlagen aus seinen Nachforschungen im Rahmen der Geschichte der Stockpapiermühle zukommen lassen.

Zeitungsinserate zur Werbung
Zeitungsinserate zur Werbung

Heute erhielt ich wunderbare Inserate, die Luitpold Dunkel 1911 in der Zeitung geschaltet hat, um seine Ware anzubieten.  Luitpold hatte die poetische Ader seines Vaters, des Dichtermüllers Josef Dunkel, des „Alten von der Rhön“ geerbt. In der den Reklame-Annoncen zeigt sich, wie geschickt er diese mit seinem unternehmerischen Geist verbinden konnte.

„Früh morgens wenn die Hähne kräh’n
musst du schon nach den Hühnern seh’n
und legen sie, dann fütt’re nach
die War‘ hat Schneidmühl‘ Römershag“


„Philipp spann‘ das Gäule ein
am Schlitten, aber mach!
Brauch‘ Weizenmehl, das hat gar fein
die Schneidmühl‘ Römershag“


„Bei dem hohen Schweinepreis,
Bauern füttert, tüchtig Mais!
Griegst den billig, ohne Frag‘
in der Schneidmühl Römershag“

Nicht verborgen bleibt sein Faible für die Technik, Als einer der ersten in Römershag hat er einen Telefonanschluss, Die Schneidmühle erhielt 1899 die Nummer 9, was fortan Annoncen wie Rechnungen zierte.

Briefkopf mit Telefonnummer
Briefkopf mit Telefonnummer

Nachlass Edgar G. Kuther

Zeichnung EGK Schneidmühle

 

Als Quelle für diese Website dienen mir vor allem  die Aufzeichnungen, die mein Vater Edgar G. Kuther (1927 – 2014) vor vierzig Jahren nach dem Verkauf der Schneidmühle Dunkel zur Orts- und Familiengeschichte gemacht hat. Dazu hat er die in der Schneidmühle verwahrten Dokumente gesichert und erschlossen. In der Regel sind es Kaufverträge, Rechnungen, Auszüge aus den Katastern oder Notizen der Schneidmüller. Hinzu kamen Zeitungsartikel und die eine oder andere greifbare Literatur. Nicht unwichtig war auch die mündliche Überlieferung in der Familie und die Kenntnis zweier anerkannter Lokalhistoriker.

Der Germanist und Historiker Prof. Dr. Kaspar Gartenhof (1883 – 1952) war 1939/1940  Deutschlehrer von Edgar G. Kuther an der Oberreal- und Aufbauschule in Würzburg. Gartenhof war aus Brückenau gebürtig und mit einer Enkelin von Josef Dunkel verheiratet.  Über Brückenau und Römershag sowie die Familie Dunkel konnte er aus eigener Anschauung und Forschung erzählen.

Nach Kriegsende, das er verletzt im Lazarett in Bad Brückenau erlebte, arbeitete mein Vater eine zeitlang für die amerikanische Militärregierung und lernte dadurch den Schulrat Fritz Dunkel (1877 – 1968) kennen, mit dem er  zusammenarbeiten durfte. Dunkel hatte aus eigenem Interesse die Familiengeschichte Dunkel erforscht mit dem Ergebnis, dass er einer anderen, nämlich Brückenauer und nicht der Römershager Linie entstammte.

Edgar Kuther um 1930 mit Hilda Dunkel
Edgar Kuther um 1930 mit Hilda Dunkel

Mein Vater war der Schneidmühle der Dunkels von klein auf verbunden. Die Sommerferien verbrachte er stets im Elternhaus seiner Mutter Carola, geb. Dunkel, in Römershag und durfte seinen Opa Luitpold Dunkel noch bis 1935 bei manchem Gang durch die Apfelbaumwiesen begleiten. Sein bester Freund in Kindheitstagen war Pluto, ein Schäferhund aus einem Wurf aus der Schneidmühle. Die Liebe zur Rhön wurde später durch die Segelfliegerei verstärkt, der er heimlich nachging und gegen den Willen seiner Mutter, die ihren Bruder Hugo Dunkel 1920 durch die Folgen eines Fliegerunfalls verloren hatte.

In den Jahren 1946 – 1947 nahm Edgar Kuther Wohnung in Römershag und half im Betrieb der Schneidmühle aus. So konnte er beim Schneidmüller Erwin Dunkel wertvolle Erfahrungen und die geforderten Praktikumszeugnisse für sein späteres Ingenieurstudium im Maschinenbau sammeln.

Mein Vater ist am 8. Dezember 2014 verstorben. Ihm, der mich als Kind in die Schneidmühle zu den Großtanten Hilda und  Paula Dunkel geführt und mir seine Aufzeichnungen im Nachlass übergeben hat, widme ich diese Zeilen heute, da er 90 Jahre geworden wäre. R I P

7. Mai 2017

Hello world!

 

Willkommen auf einer Seite, die kulturelles Erbe in Römershag (Stadtteil von Bad Brückenau) aufleben und sichtbar machen möchte. Die Schneidmühle stand fünf Jahrhunderte mitten im Ort, bevor sie 1977 im Zuge der Umbauarbeiten für die neuen Straßenführungen und der Zufahrt zum Franz-Miltenberger Gymnasium abgerissen wurde.

Allen, die mir Dokumente oder Bilder zur Schneidmühle , Römershag Nr. 10 oder zur Familie Dunkel zukommen lassen können, bin ich von Herzen dankbar.

Euer

Ulrich Kuther,
Nachfahre der Schneidmüller