Durch den frühen Tod von Anna Dunkel, geb. Kamm, im Jahr 1908, als gerade ihr letztes von acht Kindern geboren war, veränderte sich das Familiengefüge im Hause Dunkel. Die „Mama“ fehlte den Kindern überall und der Vater sah sich mannigfaltigen Problemen in Erziehung und der Versorgung gegenübergestellt. Die älteste Tochter, Hildegard, musste zunächst improvisierend die Stelle der Hausfrau einnehmen. Gewiss eine Härte, eine schwere Aufgabe für ein 17-jähriges Mädchen. Die anstehende Berufsausbildung des 14-jährigen Josef wurde verschoben. Der Vater brauchte Hilfe und Stütze im Haus für eine Übergangszeit.
Den unmündigen Kindern wurde vom Vormundschaftsgericht ein Pfleger beigeordnet. Diese Pflegschaft übernahm freiwillig der Onkel Josef Löhmer, Brückenau, Ehemann von Anna’s Schwester. Die Verwandten in Brückenau halfen den Kindern der Schneidmühle uneigennützig und standen dem vereinsamten Schneidmüller mit Rat und Tat zur Seite. Dabei merkten sie, dass der Umgang mit ihm schwieriger wurde, und so gaben sie ihm den Rat, im allgemeinen Interesse eine zweite Ehe in Erwägung zu ziehen. Aus einem Gutachten der Rechtsanwälte Dr. Freudenthal & Dr. Rosenthal, Würzburg, geht hervor, dass sich Luitpold Dunkel ernsthaft und im juristischen Sinne Klarheit über seine Lage und die der Kinder verschaffte. Es gab schließlich auch einige Frauen, die bereit gewesen wären, in das Anwesen einzuziehen, doch Luitpold Dunkel erkannte bald, dass diese nur eigennützige Ziele verfolgten. Er blieb allein, verspürte aber Elan genug, sein Lebenswerk in der Schneidmühle fortzusetzen und die Versorgung der heranwachsenden Kinder einzuleiten.
Die Kinder mussten früh unerlässliche Aufgaben für Luitpold Dunkel übernehmen und wurden dadurch emotional und teilweise schicksalshaft an den Vater gebunden. Besonders für die Mädchen sollte das problematisch werden, zumal angesichts der massenhaften Kriegstoten ihrer Jahrgänge die möglichen Ehemänner ausblieben. Für die älteren Schneidmüllerstöchter wurde die Chance, einmal einen eigenen Hausstand zu gründen, von Monat zu Monat geringer. Die Freunde und Bekannten verbluteten auf dem Schlachtfeld. Paula und Karola erhielten in diesen Jahren in Abendkursen eine hauswirtschaftliche Ausbildung. Ebenso übten sie sich in Gabelsberger-Stenographie. Das Gitarre- und Mandolinenspielen wurde bei Zusammenkünften im Jugendzirkel erlernt. Paula zeichnete sich als Plättnerin für besonders schwierige und damals noch zu stärkende Kleidungsstücke aus. Aushilfsweise arbeitete sie auf diesem Gebiet für die Kurverwaltung von Bad Brückenau und erhielt dafür erstklassige Referenzen. Karola entwickelte trotz vieler Nachtschichten in der Mühle kaufmännischen Instinkt und unternehmerisches Denken. In Botengängen zu den Banken und den Geschäftsleuten von Brückenau lernte sie deren Praktiken kennen und verstand es mit der Zeit, Nutzanwendung daraus abzuleiten. Sie wurde so die unentbehrliche rechte Hand des Schneidmüllers, der froh für diese Art der Entlastung war.
Doch sollte sie, die dritte Tochter, die erste sein, die doch ihren Mann fand. Im Jugendzirkel fanden Tanzveranstaltungen „henne Braatebachs“, d.h. im Gasthof Breitenbach, statt. Paula war beim Tanzvergnügen eine gesuchte Walzertänzerin und Karola lernte ihren späteren Ehemann Eugen Kuther kennen, der gerade als Junglehrer in Silberhof tätig war. Dem Schneidmüller blieb die sich anbahnende Verbindung seiner Tochter Karola nicht verborgen. Als Vater stand er dem Glück der Tochter nicht im Wege, doch wusste er nur zu genau, dass er und die Schneidmühle eine große Stütze verliert. Aber Karola sah auch frühzeitig, dass ihr Verbleiben in der Schneidmühle für die Söhne hinderlich werden könnte.
Am 23.9.1920 heirateten Karola und Eugen, getraut von Pfarrer Franz Miltenberger (1867- 1959), nach dem das Gymnasium benannt ist, das er 1924 initiierte und das heute auf dem Grundstück der ehemaligen Schneidmühle liegt. Die Hochzeit der Tochter Karola war für den Schneidmüller die einzige, die in seinem Hause stattfand. Als Brautmutter trat stellvertretend Luitpold Dunkel‘s Schwester Agnes Mau auf, die auch die Organisation bereitwillig übernahm. Die Hochzeit von Inge Dunkel mit Hubert Kausemann fand auswärts statt, ebenso die Hochzeit von Josef Dunkel. Die anderen Töchter und Söhne Luitpold Dunkels blieben unverheiratet. 1920 war das Jahr der einzigen und letzten Hochzeit in der Schneidmühle.